Samstag, 23. März 2013

All day, all night...

"You see, normally I go to bed at 8 or 9, and now, it's already 2 o' clock!!", das hatte einer der besonders knuddligen 6-jährigen PAKT-Kids im Ganzkörper-Nickischlafanzug Miri noch begeistert verkündet...bevor ihm dann doch eine Stunde später die Augen zufielen.  Er war nämlich eines der glücklichen 15 Kinder im Alter von 6+, die es auf die Teilnehmerliste für das "24 hours stay awake" in Glenfield geschafft hatten. Davor suchen sich die Kinder "Sponsoren", die dafür spenden, dass die Kinder von Freitagmorgen 8 Uhr bis Samstagmorgen 8 Uhr wach bleiben (oder es zumindest versuchen :P). Trotz Mos Abschreckungsversuchen ("Wenn einer der Leaders einschläft, lass' ich die Kinder ALLES mit denen machen: die malen euch an, rasieren euch die Augenbrauen ab... ich würd' die euch sogar verprügeln lassen!") wollten Miri und ich uns diese Aktion auf keinen Fall entgehen lassen und sind so gestern Abend nach dem Drop In um 22 Uhr etwas später dazugestoßen. Bewaffnet mit Mega-Thermoskanne, Kaffeefilterhalter und unserem liebsten Fair Trade-Kaffee waren wir zum Glück nicht auf die Kaffeemaschine dort angewiesen, in der sich ein doch sehr angeschimmelter benutzter Filter befand (wahrscheinlich von der letzten deutschen Freiwilligen, die wie wir den Instant Coffe verschmähte...).
Zu diesem Zeitpunkt sprangen schon 15 dank Schokolade und Cola hyperaktive Kinder im PAKT-Haus herum, die immer wieder davon abgehalten werden mussten, die Treppe non-stop herauf- und herunterzupoltern ("Shhh, there's a baby sleeping next door!").
Das Ganze sollte so etwas wie 24hours Open House werden, was heißt, dass die Kinder sich in der Küche (Süßigkeiten = Tuck Shop, Computer), im Wohnzimmer (Dartscheibe und Wii), im Teenager-Room (Fernseher und Brettspiele) oder im Xbox-Raum (Playstation, Xbox) aufhalten können.
Teenager/Film Room

Küche 

Zwischendurch gab's dann noch je eine Runde Girls against Boys in Pictionary (Montagsmaler) und Guesstures (Pantomime). Hierbei muss man wissen, dass alle männlichen main leaders IMMER gewinnen MÜSSEN (was bei unserem wöchentlichen Badmintonspiel zu minütlichen Auseinandersetzungen führt: "Der Ball war auf der Linie!!" - "War er nicht!" ...) und das Motto "Gebt den Kindern (bzw. Nichtmuttersprachlerinnen) doch auch mal 'ne Chance" zutiefst verachten. Noch dazu hat unser Chef unser Team fortwährend aufgebaut ("Nee, das erraten die eh nicht, die haben doch 2 Deutsche im Team!"), aber Wörter wie ghost train (Ufo) haben wir im Alltagsgebrauch bisher halt irgendwie noch nicht benötigt...^^
Um halb 3 war es dann an der Zeit für die von mir ja eher gefürchtete Nachtwanderung, auf die Mo die Kinder gefühlvoll wie eh und je eingestimmt hat: "Also wir gehen jetzt in den Wald und da werden Leute auf uns warten, die sich einen Leader und ein Kind schnappen werden. Das Kind darf sich wehren, kratzen, beißen, treten, der Leader muss sich entführen lassen!" Nach der Ansage habe ich mich bemüht, mich mit den jüngsten Kindern zu umgeben, aber nachdem Charlie mir versprochen hatte, "jeden zu treten, der uns angreift", hatte ich eigentlich nix mehr zu fürchten. Im Endeffekt war der "Wald" auch eher licht, alles durch den ganzen Schneematsch ziemlich hell und die Eltern, die uns erschrecken wollten, hatten sich wohl gegen Schneeregen und Eiseskälte und für Ownies entschieden. Also sind wir mit den Kindern umhergestreift, Carson wurde unter viel Geschrei von Marc gekidnappt und auch ohne Verfolger hatten die meisten natürlich schon Verfolgungswahn, auch wenn wir mit der gleiche Anzahl Kinder den Wald wieder verlassen haben. Während ich eher erleichtert war, dass das Ganze ohne "In-die-Büsche-ziehen" abgelaufen war, hatte Travis sich wohl etwas mehr Nervenkitzel versprochen: "Ohh, my Dad wasn't good, all of us survived!". Schade aber auch... :P
Je später es wurde, desto unbeliebter wurde natürlich der Job, im Filmraum aufzupassen, da es in all der Wärme und Dunkelheit ziemlich unmöglich war, nicht einzudösen (und wir wussten ja, was uns dann droht!!). Ihr ahnt's schon, um 6 Uhr waren Miri und ich dran und zu dem Punkt waren 11 von insgesamt 15 Kindern im Filmraum und sie haben ALLE geschlafen!! Also saßen Miri und ich mit der 4. oder .Tasse Kaffe bzw. 3.Cola und Twixx zwischen schnarchenden Kindern und vieeel zu vielen nackten Füßen (so hat's auch gerochen :P) und haben uns endlich mal wieder Ice Age angesehen (und Manni heißt in der englischen Version übrigens auch Manni!).
Froh waren wir dann schon, als um 8 Uhr alle noch ganz schlaftrunkenen Kinder von ihren Eltern abgeholt wurden und wir uns nach dem Aufräumen endlich aufs Ohr hauen durften... :D
Also ich hoffe, dass Miri und ich die vielen Fotos von gestern Nacht irgendwann erhalten werden, auch wenn ich die wahrscheinlich nicht hier hochladen kann.
Liebe Grüße an euch alle und bis bald ;)

Montag, 18. März 2013

Happy St Patrick's Day!

Da wir den irischen Nationalfeiertag leider nicht im protestantischen Carrick begehen konnten, haben wir uns am Sonntag mal wieder auf den Weg nach Belfast gemacht. Als eine der wenigen größeren Städte Nordirlands bemüht man sich in Belfast, den St Patrick's Day als einen Feiertag "für alle" zu gestalten, sodass Religion oder politische Orientierung keine Rolle spielen. In der Realität sieht das Ganze dann doch anders aus; die Protestanten beschweren sich, dass der City Hall grün angeleuchtet wird (und nicht rot-blau am Remembrance Day) und generell geht es wie immer sehr darum, "Flagge zu zeigen":
Jetzt dominiert mal grün-weiß-orange am City Hall
 Das Wetter zeigte sich mit Regen und Kälte leider von seiner landestypischen Seite und dementsprechend fiel unsere geplante Bootstour leider sprichwörtlich ins Wasser. Auch das Polizeiaufgebot war mal wieder gewaltig und führte dazu, dass der Marsch aus die Tricolour-schwenkenden und dank Miniröcken, T-Shirts und Shorts  ziemlich frierenden Teenagern konsequent in eine Richtung geleitet wurde.
Zur Feier des Tages wurde Queen Victoria vor dem City Hall noch mit einem Kleeblatt dekoriert, das mit Saftkartons, Dosen und anderem Müll gefüllt ist und Werbung für ein Projekt machen soll.. verrückte Idee dieses Recycling, oder?! :P

Angepriesenes Highlight war die jährliche Karnevalsparade, die durch meine Kölner Karnevals-Erfahrungen zugegeben an ziemlich hohe Maßstäbe gestellt wurde.

Die Schotten dürfen natürlich nicht fehlen!

 Es war zwar nicht annähernd so kalt wie in Köln, aber dafür war der Umzug mit ca. einer halben Stunde auch seeeehr kurz und ein ganz großer Minuspunkt: es wird keine Kamelle geworfen!! :P Dafür haben wir bei einem Open Air Konzert (auch nicht unbedingt die cleverste Idee in Nordirland) doch tatsächlich Gandalf getroffen:
die 2 rechtsaußen haben's nicht gerafft, dass sie NICHT mit aufs Foto sollten :P
 See yous soon ;)

Samstag, 9. März 2013

Old McDonald had a farm...

Heute war es endlich so weit: der heißersehnte Ausflug zum Bauernhof stand an! Da Miriam gerade Besuch von ihrem Bruder und seiner Freundin hat, haben nur Roberto und ich uns den Mums mit ihren 3+ Kindern angeschlossen. Schon beim Einsteigen in den Bus gab's den ersten Lacher, als eine Mutter ihren Kinderwagen gerade sicher im Gepäckraum verstaut hatte - um dann festzustellen, dass ihr Baby da noch drin saß! :P
Der Bauernhof war mehr so eine Art Streichelzoo und dank der nordirischen Health&Safety-Richtlinien gab's in jedem Stall auch Seife und ein Waschbecken. Die Kinder durften einem Lämmchen die Flasche geben, Küken streicheln und die anderen Tiere füttern, während ihre Mütter hektisch damit beschäftigt waren, das ganze Geschehen mit ihren iPhones und Blackberrys festzuhalten.
Roberto und ich waren selbstverständlich mindestens genauso begeistert dabei und haben sogar einige von unseren Freunden dort getroffen:
Esel Valerie (Miriams Zweitname)

Pony Paddy :)
 Einige von unseren tierischen Freunden durften dabei leider nicht gefüttert werden:
zu fett :D
 Andere hätten wir am liebsten direkt mit nach Hause genommen:
Küsschen ♥

 Alles in allem ein gelungenes "Family Outing", das uns auch das wirklich grausame Wetter nicht vermiesen konnte!
Diese Woche hat es unsere Vizechefin noch vollbracht, sich aus dem Woodburn-Gebäude auszuschließen - Roberto war mit den Kids 45 Minuten alleine, vermisst hat er sie aber nicht... :P
Also, euch allen noch ein schönes Wochenende ;)

Samstag, 2. März 2013

Bergfest

Denn kaum zu glauben, aber war: schon seit 6 Monaten bin ich jetzt hier im wunderbaren Union Jack-beflaggten Carrickfergus. Und trotz aller (berechtigter!) Vorfreude auf eine ordentliche Matratze, Brot statt Toast, ein Sofa, in das man nicht einsinkt, Steckdosen ohne Adapter, Wäscheständer mit System, Milka Oreo-Schokolade (hat die Globalisierung leider immer noch nicht bis zu den Briten gebracht), einen Garten ohne Mauern, Rechtsverkehr, Mülltrennung, einen Fernseher mit Signal (die neue Germany's Next Topmodel Staffel läuft ja schon :P ),... und NATÜRLICH vor allem meine Familie und meine Freunde, bin ich sehr froh, dass mir hier noch ein weiteres halbes Jahr bleibt. 
Natürlich zusammen mit den beiden weltbesten Wg-Mitbewohnern :)
 Zum Beispiel habe ich nämlich das Gefühl, dass der "Sprachknoten" so wirklich erst in den letzten Wochen geplatzt ist. Ich hatte von Beginn an eigentlich gar kein Problem damit, zu reden und verstanden zu werden; das Problem lag hier viel mehr im Verstehen (oder zu Beginn erahnen). Wir haben jetzt schon von mehreren Nordiren gehört, die im englischsprachigen Ausland waren und dort die ersten Monate (!) brauchten, bis sie es raushatten, ihr Sprachtempo (die machen sogar den Spaniern Konkurrenz) und ihre Aussprache so anzupassen, dass die Amerikaner, Neuseeländer, Engländer oder Australier sie verstehen konnten. Jetzt könnt ihr euch vielleicht vorstellen, wie lange es dauerte, bis wir (Ausländer OHNE englische Muttersprache) aus dem Genuschel "Bout ye?" den Satz "What about you?" rausgehört und diesen dann in das "normale" Englisch "How about you?" übersetzt haben. Mittlerweile jedoch sind wir mit Belfast-Vokabular ganz gut ausgerüstet und ich steige (meistens zumindest) sogar bei den Unterhaltungen im Glenfield-Teenager-Club durch (meine sprachlich größte Herausforderung neben den 1-2Jährigen!).
Außerdem leite ich seit der letzten Woche die Bible Class in Glenfield, in der wir mit den Kindern zusammen eine Bibel aus Geschichten, Bildern, Kreuzworträtseln, Buchstabensalaten, Gebeten, ... basteln werden. Während die letzte PAKT-Bibel eher Altes Testament-lastig war, werde ich mich mehr an Jesus Geschichten über Nächstenliebe, Toleranz, Offenheit,... orientieren, weshalb wir in der letzten Woche die Geschichte vom barmherzigen Samariter als Comic gelesen haben. Damit habe ich also erst mal Einiges zu tun!
Ein weiteres Ziel in den nächsten Monaten ist ein Projekt im Drop In, wobei ich mich besonders für ein Kochprojekt von uns 3 EVS-Freiwiligen begeistern würde. Den dazu wohl nötigen A....tritt habe ich bei der (Achtung geschickte Überleitung!) midterm-evaluation bekommen.
Von Mittwoch bis Freitag waren wir 3 nämlich im Ulster Folk und Transport Museum, das das Leben in Irland vor 100 Jahren darstellt. Dementsprechend gab's kein Wifi, nur kalte Duschen und "alte" Fenster. Tatsächlich haben wir in unserem Haus die gleichen "single glass" Fenster ohne Isolierung - die könnten's also sogar noch ins Museum schaffen!
Jedenfalls war die Gruppe dieses Mal bedeutend größer und internationaler als beim on arrival-Training (Roberto, Miri, ich + 3 weitere Freiwillige): 2 Französinnen, 1 Armenierin, 1 Polin, 3 Deutsche, 4 ItalienerInnen, 1 Griechin und 3 SpanierInnen (von denen eine jedoch ausdrücklich aus Galicia stammt!). Dementsprechend lustig ging's auch her (Italiener sagen wirklich oft Mamma mia!!) und besonders der französische Akzent ist echt ne Herausforderung (Ei öm fröm Frooohnse). Thematisch ging's um Problemlösungen, die altbekannte Motivationskurve (bei der bei mir zum Glück das Tief fehlt), Projektvorstellungen, Zielsetzungen,... Gerade der Austausch mit den beiden Freiwilligen vom Bangor YMCA war sehr interessiert, da auch die Beiden von nuschelnden, rauchenden und ewig kaffeschlürfenden Teenie-Mums (und Kolleginnen!) relativ angenervt sind.
Damit der Spaß nicht zu kurz kam, haben wir außerdem selber Brot gebacken und ein "Old-Style-Family-Photo" aufgenommen:
Ladies and Gentlemen
 Der Vorteil an altmodischen Fotos ist, dass man nicht sieht, wenn man zwinkert; der Nachteil ist, dass sie dank des Lächel-Verbots immer diesen Beerdigungs-Touch haben.
Ein weiterer Trainingsabend wurde dem Thema nordirische Geschichte gewidmet, die sehr von Schlachten zwischen protestantischen und katholischen Königen durchzogen ist. Weiterhin gibt es in Nordirland 90 "Friedensmauern", davon die meisten in Belfast, die katholische von protestantischen Wohnvierteln abtrennen und seit dem Friedensabkommen 1998 mehr und höher geworden sind; außerdem sind nur 6% der Schulen integrated, also gemischt, wobei diese Zahl seit 1998 ABgenommen hat. Einige der anderen Freiwilligen in Belfast arbeiten in sogenannten "interface" areas, wo sie mit protestantischen bzw. katholischen Gruppen arbeiten, die irgendwann zusammengeführt werden sollen. Die Lage sieht auch dort nicht rosig aus, aber sie sind immerhin einen Riesenschritt weiter als zum Beispiel in Glenfield, wo an solche Projekte noch gar nicht zu denken wäre (auch da schlicht und einfach keine Katholiken vorhanden sind, die man mit den Protestanten zusammenführen könnte).
Jedenfalls haben wir schon gemerkt, dass wir dank 98% Protestanten in Carrick und großen Teilen mit sehr geringer Bildung einen sehr radikalen Blickwinkel des ganzen Konflikts kennenlernen konnten, was die Demonstrationen und Ausschreitungen auch näher an uns herangebracht hat. Unglaublicherweise haben es doch tatsächlich Freiwillige vollbracht, ein halbes Jahr in Belfast zu leben, OHNE an der Peace Wall gewesen zu sein (bei uns hat jeder Besucher die Mauer spätestens nach 24-48 Stunden gesehen!)!
Ein weiterer Abend stand unter dem Thema "Learn the Lingo", also Belfast Slang. Hierzu gibt's ein Video, das ihr euch unbedingt mal anhören solltet (damit ihr wisst, worüber ich so klage!!):
Nach viel Austausch mit anderen Freiwilligen und zu wenig Schlaf sind wir jetzt also bereit, uns voller Elan wieder in unsere Arbeit zu stürzen. Noch eine Wettermeldung zum Schluss: es hat hier seit über 2 Wochen NICHT geregnet!! Die Nordiren (und natürlich wir!) sind ganz aus dem Häuschen :D Wir werden diese Trockenperiode nutzen, um unsere Wäsche endlich mal in unserem tollen Hinterhof aufzuhängen, damit es in unserem Haus nicht wieder so aussieht:
Waschtage nach Schottland :P

Liebe Grüße an euch alle ;)